Factoring-Insolvenzen: Bonität des Factors entscheidend
Factoring-Insolvenzen seit 2019: Warum die Bonität Ihres Factors für den Nutzer wichtig ist und worauf Unternehmer achten sollten!
Factoring-Insolvenzen seit 2019 – warum die Bonität Ihres Factors über Wohl und Wehe entscheidet
Factoring sichert die Liquidität – aber nur, wenn der Anbieter selbst wirtschaftlich stabil ist. Seit 2019 kam es zu mehreren spektakulären Insolvenzen deutscher Factoring-Gesellschaften. Unternehmer, die sich in Sicherheit wähnten, standen plötzlich vor massiven Verlusten. Der folgende Artikel zeigt, was passiert ist, wie Sie sich schützen können – und warum Bonitätsprüfung beim Factor kein optionaler Schritt, sondern Pflicht ist.
1 | Rückblick – bedeutende Insolvenzen deutscher Factoring-Gesellschaften (01/2019–05/2025)
In den letzten Jahren kam es zu mehreren Insolvenzen von Factoring-Gesellschaften, die erhebliche Auswirkungen auf ihre Kunden hatten:
Datum |
Gesellschaft |
Geschäftsmodell/Fokus |
Geschätzter Kundenschaden |
Quelle |
---|---|---|---|---|
09/2020 | AvP Deutschland GmbH | Abrechnungsstelle für Apotheken | > 500 Mio. € | Süddeutsche Zeitung 10/2020 |
03/2021 | Flex Payment GmbH | Finetrading/Einkaufsfinanzierung | ca. 15–20 Mio. € | Handelsblatt 04/2021 |
03/2025 | Meridiem Finanz GmbH | KMU-Factoring, Mischmodell | offen – laufendes Verfahren | Bundesanzeiger 04/2025 |
2 | Typische Folgen für betroffene Unternehmer
- Liquiditätsstopp: Bereits eingereichte Forderungen werden nicht mehr ausgezahlt. Für viele Unternehmen bedeutet das akuten Zahlungsausfall.
- Doppelzahlungsrisiko (§ 407 BGB): Debitoren können gesetzlich verpflichtet sein, erneut zu zahlen – was zu Konflikten und Ausfällen führt.
- Verlust von Sicherungseinbehalten: Mittel, die auf Sperrkonten liegen, fallen in die Insolvenzmasse und stehen dem Unternehmer nicht mehr zur Verfügung.
- Ruf- und Bonitätsschäden: Zahlungsausfälle und Blockaden können sich negativ auf Ratings, Kreditlinien und Geschäftsbeziehungen auswirken.
Beispiel: Im Fall der AvP-Insolvenz im September 2020 waren über 3.500 Apotheken betroffen. Eine Apotheke mit 300.000 € Guthaben konnte über Nacht keine Gehälter oder Lieferantenrechnungen mehr bedienen. Banken froren Kreditlinien ein – teils mit dramatischen Folgen. (Süddeutsche Zeitung 10/2020)

3 | Insolvenzmasse – was fällt hinein und welchen Zugriff hat der Insolvenzverwalter?
Viele Unternehmer glauben, dass Guthaben auf Sperrkonten oder bereits angekaufte Forderungen sicher sind. In der Praxis sieht das oft anders aus:
Vermögensposition | Fällt in Masse? | Zugriff durch Insolvenzverwalter? |
---|---|---|
Betriebskonto des Factors | Ja | uneingeschränkt |
Kunden-Guthaben auf Sammelkonten | Ja | Ja, bei fehlender Treuhandstruktur |
Sicherungskonto mit Treuhand | Nein | Nein (nur bei echter Treuhandstruktur) |
Forderungen im Bestand | Ja | nach Einzelprüfung |
Wichtig: Ohne ein echtes Treuhandkonto (z. B. Anderkonto mit klarer vertraglicher Regelung) kann der Insolvenzverwalter auf die gesamten Mittel zugreifen. (BaFin-Merkblatt 07/2023)
4 | Rechenbeispiel: 100.000 € Guthaben beim Factor
Laut Bundesbank liegt die durchschnittliche Insolvenzquote für ungesicherte Gläubiger bei lediglich 5–10 % (Bundesbank 12/2023).
- Forderungsausstand zum Zeitpunkt der Insolvenz: 100.000 €
- Rückfluss nach Insolvenzquote: 5.000–10.000 €
- Verlust: 90.000–95.000 € (90–95 %)
5 | Warum die Bonität des Factors entscheidend ist
Nur ein wirtschaftlich gesunder Factor kann die versprochene Liquidität dauerhaft gewährleisten. Prüfen Sie deshalb folgende Punkte:
- Eigenkapitalquote prüfen: Eine Quote unter 10 % ist ein Warnsignal – unter 8 % kritisch.
- BaFin-Lizenz: Die Lizenz nach KWG belegt, dass der Anbieter durch die Finanzaufsicht überwacht wird.
- Starker Mutterkonzern: Kapitalstarke Eigentümer bieten Sicherheit bei Krisen.
- Treuhandkontenstruktur: Nur echte Treuhandkonten schützen im Insolvenzfall.
- Warenkreditversicherung (WKV): Schutz gegen Debitorenausfall – unerlässlich.
Marktentwicklung: Laut BFM-Umfrage 02/2025 erwarten 81 % der Anbieter ein steigendes Neukundengeschäft. Gleichzeitig rechnen 72 % mit einer Zunahme an Kundeninsolvenzen. (bfm-bund.de 02/2025)
6 | Schwach kapitalisierte Anbieter
- Schätzungen zufolge haben 10–15 % der mittelständischen Factoring-Anbieter eine Eigenkapitalquote unter 8 %.
- Problem: Es gibt keine Pflicht zur Offenlegung – Kunden können Risiken schwer erkennen. (BFM-Branchenbericht 11/2024)
- Unsere subjektive Ansicht aus mehr als 20 Jahren praktischer Erfahrung: 50 % (oder sogar mehr) der im Markt operativ tätigen Factoringgesellschaften sind absolut überflüssig, zu teuer oder haben selbst gravierende interne Probleme.
7 | Praxis-Checkliste: So prüfen Sie die Bonität Ihres Factors
- ✅ Jahresabschluss im Bundesanzeiger prüfen (Eigenkapital, Ergebnis, Rücklagen)
- ✅ Nachweis über gültige BaFin-Lizenz anfordern (Echtheit prüfen)
- ✅ Bestehen eines echten Treuhandkontos nachfragen
- ✅ Bestehende WKV-Verträge und Deckungshöhen einsehen
- ✅ Debitorenbonität und Rückversicherungsquoten dokumentieren lassen
- ✅ Externe Ratingberichte oder unabhängige Bonitätsauskünfte einholen
8 | Fazit
Eine Factor-Insolvenz kann über 90 % des Guthabens vernichten. Die Bonitätsprüfung Ihres Factors ist daher kein optionaler Schritt, sondern wirtschaftliche Pflicht. Nur Anbieter mit stabiler Kapitalstruktur, idealerweise Vollbanklizenz (geht nicht immer) und transparentem Risikomanagement bieten langfristige Sicherheit.
Bei Fragen zur Anbieterprüfung, Vertragsgestaltung oder Alternativen unterstützen wir Sie gerne – vertraulich und unabhängig.